eBook Cover CulturBooks, mikrotext, Frohmann

Netzbilder: Die Covergestaltung von E-Books

Ein Buchcover will neugierig machen. Es will in die Hand genommen werden. Der Titel sollte gut lesbar sein, auch noch einige Meter vom Regal entfernt. Mit dem E-Book ist es eigentlich nicht viel anders. Es möchte angeklickt werden, deswegen sollte das Cover gut erkennbar sein, auch wenn es nur daumennagelgroß im iBook-Store angezeigt wird. Das Cover eines E-Books wird sich in der Regel nicht wesentlich von seiner zeitgleich erscheinenden Printausgabe unterscheiden. Für reine Digitalausgaben rücken jedoch reizvolle neue Gestaltungsmöglichkeiten, wie etwa Bewegtbilder, in greifbare Nähe.

Faszinierend und atmosphärisch sehr gelungen ist beispielsweise die Gestaltung von „52 Places to Go in 2014“ in der Online-Ausgabe der New York Times.  Die in dem Bericht vorgestellten Reiseziele werden abwechselnd mit webseitenfüllenden Fotografien oder automatisch ablaufenden Videos bebildert. Ein animiertes Gif oder Video statt einem statischen Bild – sehen so vielleicht die zukünftigen Cover digitaler Bücher aus?

Noch gelten für E-Book-Cover gewisse Einschränkungen, vor allem müssen sie als Miniaturbildchen in den verschiedensten Downloadshops von Amazon bis Apple funktionieren. „Vergesst die Buchcover … wenn Ihr E-Books produziert!“, überschreibt Kaspar Dornfeld ernüchtert seinen Beitrag über E-Book-Cover auf dem Blog des Rattenreiter Verlags. Nach seinem Empfinden können Cover in der Größe von Thumbnails keine ausreichende Sogwirkung erzeugen. Als Lösung propagiert er eine entindividualisierte Covergestaltung, die den Verlag in den Vordergrund rückt, so wie es Reclam oder Diogenes im Printbereich bereits erfolgreich vorgemacht haben.

Drei digitale Literaturverlage – Frohmann, CulturBooks  und mikrotext – stehen symptomatisch für erfolgreiche Labelgestaltung im Digitalen. Ich habe sie nach den Geschichten hinter ihren Covern gefragt. Hier sind ihre Antworten.

Icons als reduzierte Symbol- oder Stimmungsbilder

Cover Frohmann Verlag

Christiane Frohmann, Verlegerin des Frohmann Verlags

„Als Mitgründerin des experimentellen Imprints eriginals berlin zerbricht sich Frau Frohmann bereits im Jahr 2011 den Kopf, wie man das Dilemma lösen kann, schön gestaltete E-Book-Cover zu wollen, gleichzeitig aber Cover zu brauchen, die als winzige Thumbnails in den Downloadstores funktionieren. Sie kommt auf die Idee, Icons zu benutzen: reduzierte Symbol- oder Stimmungsbilder für den Inhalt des jeweiligen eBooks. Anfangs haben die Cover noch Weißflächen, worauf aber bald verzichtet wird, weil diese trotz farbiger Rahmung auf dem Hintergrund der gerade in Mode kommenden weißen Webseiten merkwürdig ‚leer’ aussehen.

Im Frohmann Verlag, dem 2012 gegründeten Nachfolgeprojekt von eriginals berlin beginnt man entsprechend gleich als alter Hase im E-Book-Coverdesign. Die Icons werden als Konzept beibehalten und, sofern der Titel es zulässt, mit Frau Frohmanns Privatgeschmack an Pastelltönen verbunden. Der Ablauf ist immer gleich: Frau Frohmann überlegt sich zu Beginn, wie das Cover aussehen soll, sucht ein Motiv aus, mailt alles nach Bath, wo Ursula Steinhoff lebt und arbeitet und freut sich, wenn ein, zwei Tage später die Entwürfe kommen, die meist schon so gut wie perfekt sind. Eine Mail noch und das nächste Frohmann-Cover kann als Netzbildchen loszirkulieren.“

Ein Coverkonzept, das sagt: Hallo, das ist was Ungewöhnliches, wir von CulturBooks finden es super!

Cover Culturbooks

Zoë Beck und Jan Karsten, Verleger von CulturBooks
Gestalterin: Magdalena Gadaj

„Wir wollten einen Wiedererkennungswert, und zwar als Verlag, als Marke, als ‚Schau, das ist von CulturBooks‘. Da wir recht schnell vorhatten, die Texte auch der Länge nach zu beschreiben – wie in der Musik einst, als Single, Maxi, Longplayer etc. –, kam die Idee mit den Balken: Das sind nämlich eigentlich gar keine Balken, sondern Frequency Analyzer. Die Schrift ist eine Bauhausschrift, auch die wurde mit Bedacht gewählt, und daran angelehnt wollten wir klare Farben. Die Verteilung der Farben auf die Cover ist zufällig, wobei die AutorInnen natürlich sagen können, ob es eine Lieblingsfarbe darunter gibt oder eine, die für sie überhaupt nicht geht.

Bilder auf Covern können eine Entscheidung für wie auch gegen den Kauf des Textes sein. Wir finden, dass Bilder ablenken, falsche Assoziationen wecken können, worum es in den Texten geht. Wir wollen eine Konzentration auf den Text, Titel und AutorIn nennen und mit dem Coverkonzept sagen: Hallo, das ist was Ungewöhnliches, Gutes, wir von CulturBooks finden es super! Die Bilder entstehen dann bei allen LeserInnen selbst.“

RGB-Töne betonen das digitale Verlegen auch visuell

Cover mikrotext

Andrea Nienhaus, Gestalterin bei mikrotext

„Wir haben einige Kriterien definiert, die das Cover erfüllen sollte, wie z.B. gute Lesbarkeit und dass die Cover als „Doppel“ funktionieren sollten, eben weil je zwei Titel quartalsweise erscheinen, zu einem bestimmten Thema und daher auch aufeinander visuell Bezug nehmen sollten. Wichtig war außerdem, dass die Titel sowohl als „Thumbnails“ im Shop als auch groß auf einem Farbdisplay funktionieren sollten, dass sie in Schwarz-Weiß immer noch lesbar sind und dass sie eine eigene visuelle Sprache haben, die mit dem Verlag in Verbindung gebracht werden. Die Motive sollten eine Struktur oder „Tiefe“ haben , um dem flachen Bildschirmeindruck eine „Stofflichkeit“, etwas Haptisches zu geben. Bei der Farbwahl entschieden wir uns für reine RGB-Töne, die eine hohe Leuchtkraft haben und nicht über das Vierfarb-System gedruckt werden können. Die Idee war hier, das ausschließlich digitale Verlegen auch visuell zu betonen.

Die Covergestaltung kann einem Digitalverlag oder einer Buchreihe einen visuellen „Roten Faden“ geben. Ein Cover ist aber immer auch eine visuelle Übersetzung eines Inhalts, komprimiert auf ein Format. Offen bleibt, ob die Weiterentwicklung der Dateiformate und -standards demnächst auch Bewegtbilder als digitale Cover möglich sind. Außerdem stellt sich die Frage, ob digitale Publikationen überhaupt noch ein Cover brauchen, wenn wir langfristig browserbasiert lesen und sich das Buch als Format, in dem wir von Seite zu Seite blättern, langsam auflöst.“

Dieser Artikel ist Teil der Anthologie Ästhetik des E-Books. Beginn einer Debatte (Hg. Kuratorium der Electric Book Fair, Berlin 2014), die hier kostenlos heruntergeladen werden kann.

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