Lange haben Verlage Bücher verlegt und Buchhändler haben sie verkauft. Seit es immer weniger Buchhandlungen gibt und immer mehr Menschen ihre Bücher online kaufen, ändert sich das. eBooks beschleunigen den Wandel zusätzlich, denn sie benötigen per se ein digitales Schaufenster. Erst seit kurzem beschäftigen sich Verlage mit Themen wie eCommerce und Direktmarketing. Viele Verlagsshops haben in den letzten Monaten ein neues Design spendiert bekommen, neue Verlagsblogs sind entstanden. Im Folgenden eine Vorstellung neuer Trends und Webseiten.
Persönliche Empfehlungen und Teaser
Erfrischend kommt die neue Startseite des Ullstein Verlags daher, zahlreiche Teaser zu neuen Büchern lassen sich auf dem weißen Hintergrund anklicken und bei Gefallen gleich in den Warenkorb legen. Die Programme der großen Publikumsverlage sind allerdings oft austauschbar. Wenn ein Verlag nicht genau weiß, wofür er steht und kein klares Markenprofil transportiert, wird es schwierig, Leser auf die eigene Seite zu locken und zu treuen Kunden zu machen. Ein Feature wie „Unser Lektorat empfiehlt“ kann da nur ein Anfang sein.
Stylisches Corporate Publishing
Die Webseite des Callwey Verlags lädt mit großen Fotos zum Stöbern ein. Seit 2004 ist der Verlag auch im Corporate Publishing aktiv. Das erklärt vielleicht, warum Inhalt und Shop so gut harmonieren und auch optisch überzeugen. Ein eigener Blog ist auf der Seite integriert, ein Gastblog rundet das redaktionelle Angebot ab. Neuerscheinungen aus den Bereichen Architektur, Wohnen, Garten, Kochen werden kurz und knackig, mit vielen Bildern und Rezepten vorgestellt.
Gamification oder die Lust am Spiel
Der Hanser Verlag setzt im Frühjahr nicht auf einen Seiten-Relaunch, sondern auf die Lust am Spielen. Die Cover des Frühjahrsprogramms lassen sich in einem Memory-Spiel entdecken. Das macht Spaß, die Infos zu den Büchern gibt’s nach erfolgreichem Aufdecken und beim nächsten Buchhandlungsbesuch fallen die Hanser-Bücher garantiert zuerst ins Auge.
Die ungenutzten Chancen der Verlagsblogs
Verlagsblogs sollen dem Leser einen Mehrwert bieten und auf die Neuerscheinungen der Verlage aufmerksam machen. Kaufen sollen die Leser dort aber offensichtlich nicht. „Um Inspiration geht es uns und um Unterhaltung“, schreibt der Antje Kunstmann Verlag auf seinem Blog Schusswechsel. Wenn einen einer der dort vorgestellten Krimis begeistert und man ihn gleich erwerben möchte, muss man den Link zur Verlagsseite erst suchen. Auch der neue Verlagsblog 114 der S. Fischer Verlage bietet am Ende der Blogbeiträge nur eine kurze Info zum Buch. Erst wenn man auf MEHR INFOS klickt, kommt man zur Produktseite. Offenbar scheuen sich Verlage, ihre Bücher prominent zum Kauf anzubieten. Auch der neue Blog von Suhrkamp verzichtet auf eine Platzierung der Bücher neben den Blogartikeln der Autoren. Eine vertane Chance, denn wer einen Artikel im Logbuch liest, dem darf man unterstellen, dass ihn auch die Bücher dazu interessieren. Bis zur Bestellung eines Buches braucht es jedoch fünf Klicks, am Ende landet man auf einer Verlagsseite, die auch optisch mit dem Blog nicht mehr viel gemein hat.
Das Potenzial der Buchhandlung im Netz
Umso überzeugender ist die Präsentation der Edition Suhrkamp in ihren Regenbogenfarben auf der Website der Buchhandlung Ocelot, not just another bookstore. Noch eindrucksvoller sind die Regale in der Buchhandlung, die eigens für den Ocelot-Webshop abfotografiert wurden. Die Bücher darin lassen sich mit der Maus anklicken, was fast so viel Spaß macht, als würde man sie selbst in die Hand nehmen. Eine originelle Idee, die auch die Stärken eines Buchhandelswebshops gegenüber einer Verlagswebseite aufzeigt. Eine Buchhandlungsplattform kann aus dem gesamten Bücherspektrum wählen und Bücher zusammenstellen, die thematisch zusammengehören, selbst wenn sie aus unterschiedlichen Verlagen stammen. Damit erfüllen Buchhandlungen die Bedürfnisse der Kunden viel besser als ein einzelner Verlag es könnte. Hier kann im Digitalen noch viel ausprobiert und die Form der Zusammenarbeit zwischen Buchhandlungen und Verlagen neu erkundet werden.
Die Zukunft gehört den Themenshops
Der Heyne Verlag versucht mit einem neuen Portal die Sache mit dem Direktverkauf auf die Reihe zu bekommen. Als Marktführer im Bereich Science-Fiction baut sich die Random House Tochter mit der Domain DieZukunft.de eine eigene virtuelle Bühne für die Präsentation ihrer Romane. Herzstück der Seite sind die Features, die das Thema Science Fiction medienübergreifenden behandeln. Die Einbettung von Videos bringt Abwechslung, die Schriftgröße und Gliederung der Blogtexte sind fürs Lesen im Netz noch nicht ganz optimal. Pluspunkt: Bücher-Shoppen wird dem Leser leicht gemacht. Wie der Buchreport berichtet, soll der Einkauf zukünftig auch direkt auf der Seite möglich sein.
Gibt es einen spannenden Frühlings-Relaunch, der hier fehlt? Dann freue ich mich über Hinweise!